Wenn Insider kaufen, dann kaufe ich auch?

Führungspersonen müssen Käufe und Verkäufe offiziell melden. Ist das ebenfalls ein guter Ein- oder Ausstiegszeitpunkt für uns?

Gelegentlich lesen wir in der Wirtschaftspresse, dass ein bekannter Vorstand sich mit einer Summe X an der Aktiengesellschaft Y beteiligt hat. Meistens werden diese Nachrichten veröffentlicht, wenn der relevante Aktienkurs tief gefallen ist und Optimismus verbreitet werden soll. Lohnt es sich für uns also da etwas genauer hinzuschauen?

Was viele von uns über diese Insidertransaktionen (englisch: Directors‘ Dealings) nicht wissen: Eigengeschäfte von Personen mit Führungsaufgaben sind nach Paragraph 19 der Marktmissbrauchsverordnung (ehemals Paragraph 15a des Wertpapierhandelsgesetz) melde- und veröffentlichungspflichtig. Das gilt nicht nur für direkt mit dem Unternehmen verbundenen Personen, beispielsweise Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, sondern ebenfalls für eng mit dem Meldepflichtigen verbundenen Personen: Ehepartner, Kinder, Enkel usw. Kauft also der Vorstandsgatte Aktien des Unternehmens seiner im Vorstand arbeitenden Ehefrau, muss diese Transaktion binnen 3 Geschäftstagen innerhalb der EU dem Kapitalmarkt offiziell mitgeteilt werden. Wir erfahren also relativ zeitnah wie viele Aktien zu welchem Kurs wann gekauft wurden.

Geldanlage, Aktienkurs, Familie

Die Gründe für einen Kauf können höchst unterschiedlich sein. Vielleicht ist gerade etwas Geld frei geworden und wird direkt in das bekannte Unternehmen investiert. Oder der Aktienkurs ist stark gefallen und der „Insider“ empfindet die aktuelle Bewertung ungerechtfertigt, weil die Zukunftsaussichten wesentlich besser sind als allgemein wahrgenommen. Oder der Vater kauft für seine eigenen Kinder Anteile, weil er für sie Kapital in den nächsten 20 Jahren ansparen will, um später unter anderem deren Ausbildung finanzieren zu können.

Für mich ist der Kauf von Unternehmensanteilen durch Vorstand oder Aufsichtsratsmitglieder erst mal als Vertrauensbeweis anzusehen. Wenn der Käufer eigene Mittel aufwendet, vor allem bei größeren Summen, dann wird von einer positiven Wertentwicklung des Unternehmens ausgegangen. Niemand von uns würde einen Teil des Jahresgehaltes investieren, wüssten wir vorab, dass das Geld dort absehbar an Wert verliert. Meistens haben die Käufer uns gegenüber einen Informationsvorsprung und können die Potentiale des Unternehmens besser einschätzen. Ich empfinde es besonders löblich, wenn für eigene Kinder und Enkel Anteile gekauft werden, weil ich davon ausgehe, dass deren Aktien mittel- bis langfristig nicht verkauft werden.

Plötzlich verkauft der Vorstand

Nun gibt es nicht nur Käufe, sondern auch Verkäufe. Wie sollen wir diese interpretieren? In den meisten Fällen halte ich Käufe für wesentlich aussagekräftiger als Verkäufe. Wir kennen die finanzielle Situation des Insiders nicht. Vielleicht plant dieser ein Haus zu kaufen und möchte einen Teil des Preises durch sein Aktienvermögen bezahlen. Daran ist nichts verwerflich. Im Geschäftsbericht sehen wir die Anzahl der Anteile, die Führungspersonen bspw. im Rahmen von Bonusaktien im Laufe des Geschäftsjahres erhalten haben. Wird von dem über die Jahre erworbenen Eigenbesitz nun ein kleiner Teil veräußert, ist das noch lange kein Vertrauensverlust. Werden hingegen innerhalb kurzer Zeit fast alle Aktien auf den Markt geworfen, dann dürfte das Fragen aufwerfen.

Ich schaue mir regelmäßig die aktuellen Insidertransaktionen an. In Deutschland sind das normalerweise nicht viele. Auf der Seite von DGAP gibt es eine eigene Rubrik für Directors‘ Dealings, die die aktuellen Transaktionen nach Datum auflistet. Es ist immer wieder interessant zu sehen wer von welchem Unternehmen Aktien gekauft hat. Die meisten Personen sind mir unbekannt, aber manchmal tauchen bekannte Namen auf. Häufig bin ich überrascht von der Anzahl gekaufter Anteile. Manche kaufen in großen Tranchen, andere nur wenige Stücke.

Eigengeschäfte von Führungspersonen sind keine Geheimnisse mehr und wir sollten den Käufern und Verkäufern nicht blind folgen. Dennoch sind die veröffentlichten Informationen hilfreich, um spannende Unternehmen zu entdecken und deren Geschäftsverlauf zu beobachten. Jedoch sollten wir vor einer Investition oder einem Ausstieg stets unsere Hausaufgaben machen, die Situation selber analysieren und das Risiko einschätzen. Das bewahrt uns hoffentlich vor ungewollten Überraschungen.

Florian

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