Eine Krise kommt selten allein

Gefühlt ist jeden Tag Krisenstimmung. Mal mehr, mal weniger. Wie sollen wir darauf reagieren?

Krisen kommen in jeglicher Ausprägung: Als Bankenpleite, Pandemie, Staatsbankrott, Klimawandel oder bspw in Form eines Energiemangel. Den Ursprung haben sie aus diversen Gründen und erst nachträglich begreifen wir, welche unserer gesellschaftlichen Entscheidungen der Vergangenheit dazu geführt haben. Manche Krisen verlaufen einigermaßen glimpflich ab, andere führen zu Katastrophen und gipfeln in einem Krieg. In vielen Fällen ruft eine Krise menschliches Elend hervor und sorgt für Bevölkerungswanderungen über Ländergrenzen hinweg. Und fast immer wird es finanziell teuer, sehr teuer. Diese Verwerfungen im Weltgeschehen lassen die Börsen nicht unberührt, egal ob in New York, London, Frankfurt oder Tokio. Es zeigt sich allerdings, dass sich die Aktienmärkte relativ schnell erholen. Dies gilt allerdings vornehmlich für die Wirtschaften der westlichen Industrienationen. Zahlreiche Länder, beispielsweise Argentinien oder Russland, befinden sich in einem dauerhaften Krisenmodus, der durch politische Entscheidungen und gesellschaftliche Verwerfungen hervorgerufen wird und diese in ihrer langfristigen Entwicklung verhindert.

Nun fragen wir uns, vor dem Hintergrund der weltweiten Herausforderungen, was wir mit unseren Investitionen an den Börsen machen sollen? Müssen wir auf jede Krise reagieren? Alles verkaufen? Den gesamten Bargeldbestand auf Tages- und Festgeldkonten parken? Nach einer Zeit des Wartens wieder komplett in den Markt einsteigen? Vergiss es! Diese Strategie ist überhaupt nicht umsetzbar und kostet am Ende nur Nerven und Geld. Also lieber den aktuellen Crash, sofern es einer sein sollte, aussitzen? Augen zu und durch?

Schauen wir uns an was in der Vergangenheit passiert ist. Die folgende Tabelle zeigt die gängigsten Anlageklassen in Nordamerika mit deren maximalen Wertverlust (drawdown) bis zur Wiedererreichung des Ursprungswerts in Prozent. Wir können sehen, dass bei Aktien mit einem durchschnittlichen Wertverlust von 60% zu rechnen ist. Sicherlich können einzelne Unternehmen einen Verlust von 100% erreichen, weil sie zwischenzeitlich Insolvenz anmelden müssen. Aber über alle Werte hinweg ist mit einem maximalen Wertverlust von 60% zu rechnen, auf Basis historischer Erfahrungen. Ähnliches gilt für die mittlerweile auch in Europa bekannten Immobiliengesellschaften (REIT = Real Estate Investment Trust).

AnlageklasseMaximaler DrawdownErholungsdauer in Monaten
US Aktien und andere Aktien-60 %48
REITs-60 %43
Mündelsichere US-Anleihen-5 %12
Hochverzinsliche US-Anleihen-36 %18
Bargeld0 %0
Quelle: Gewinne für jedermann. Seite 104. J. David Stern. 2020.

Das ist erstmal angsteinflößend und sieht beim Blick ins eigene Depot schrecklich aus. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Wichtig bei dieser Übersicht ist die zweite Spalte, also die zeitliche Dauer in Monaten, bis sich die Werte wieder komplett erholt haben. Selbst wenn wir also zwischenzeitlich einen Buchverlust von 60% erlitten haben (denn wir haben nicht verkauft), so mußten wir einfach die Zähne zusammenbeißen und nach 48 Monaten, also genau 2 Jahren, haben wir bei Nichtstun unser originäres Vermögen zurückerhalten. 

Nun könnte man argumentieren, basierend auf den Daten, dass ein Halten von Bargeld das geringste Risiko darstellt, was auch Termingelder auf Giro-, Tages-, Spar- und Festgeldkonten mit einschließt. Ja, das ist korrekt für den Fall, dass wir uns genau in diesem Moment in einer schwierigen Lage befinden. Auf lange Sicht stimmt es aber nicht, weil unsere Kaufkraft durch Geldentwertung (Inflation und Strafzinsen) sinkt und wir der Gefahr ausgesetzt sind, dass unsere eigene Bank in Schwierigkeiten gerät und wir schlecht oder gar nicht mehr an unser Geld kommen.

Ein weiteres Argument gegen Bargeldhaltung ist, dass Geld an sich keinen Wert produziert und und lediglich ein Mittel zum Zweck darstellt. Vor dem Hintergrund wirklich existenzieller Krisen, bspw einer kriegerischen Auseinandersetzung, stellt Cash auf dem Konto eine gänzlich schlechte Wahl dar. Der Staat ist bei einem Sturm auf die Geschäftsbanken (sogenannter „bank run“) quasi machtlos. Es gilt zwar die Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde je Kreditinstitut in der europäischen Union. Einen echten Test dieser Sicherungsleistung, also zeitgleich bei mehreren Banken im selben Staat, hat es in der jüngeren Zeit nicht gegeben.

Der Staat kann, wenn er in existenzieller Not ist, auf die Devisenreserven der Kunden zurückgreifen, wie unlängst in Russland geschehen. Und der Staat kann das Vermögen über alle Kunden und Konten hinweg  mit der Rasenmähermethode beschneiden, wie 2013 in Zypern geschehen mit einer teilweisen Enteignung von Vermögen.

Keiner von uns weiß was die Zukunft bringt. Für mögliche Eventualitäten sollten wir mit einem hinreichenden Cash-Polster ausgestattet sein, das uns verhilft für einige Monate oder ein gesamtes Jahr auszukommen. Aber die überschüssigen Reserven sollten in qualitativ hochwertige Unternehmen investiert werden, vornehmlich aus der westeuropäischen und / oder nordamerikanischen Region. Eine Beteiligung am Produktivkapital mithilfe von Aktien ist die beste Versicherung gegen Krisen und eine ungewisse Zukunft, wobei wir stets optimistisch in die Ferne blicken sollten. Wie sagt der Kölner so schön: „Et hätt noch immer jot jejange“. Also: Wird schon gutgehen!

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