Wie soll ich jetzt mein Geld anlegen?

In letzter Zeit wird die Frage nach der richtigen Geldanlage immer häufiger gestellt. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht.

Die heutige Sparerin bzw. der heutige Sparer steht vor einem Dilemma. Es befindet sich Geld auf dem Sparkonto, es wurde geerbt oder vielleicht gab es eine Bonuszahlung. Zum Ausgeben ist die Summe nicht vorgesehen, zum Rumliegen aber ebenfalls nicht. Was also mit dem Geldbetrag machen? Ich werde in letzter Zeit öfters gefragt, wie ein Pauschalbetrag am besten angelegt werden sollte oder was der „absolut heisse Tip“ am Markt ist. Ich halte mich mit Empfehlungen stets zurück und denke, dass sich eine Anlagestrategie für dieselbe Person im Zeitablauf ändern kann.

Grundsätzlich hat jede Kapitalanlageform ihre Vor- und Nachteile. Es gibt kein klares „Gut und Schlecht“, kein „Schwarz und Weiss“. Jedoch sagt die Volkswirtschaftslehre eindeutig, dass Geld heute immer mehr wert ist als morgen. Daher macht es Sinn direkt heute zu investieren als auf das Morgen zu warten, oder besser noch auf den „optimalen“ Zeitpunkt. Dieser wird nie gefunden, selbst von Experten nicht. Wir investieren daher immer mit Unsicherheit und erwischen in einigen Fällen einen wirklich ungünstigen Einstiegszeitpunkt. Jedoch können wir, basierend auf historischen Daten der letzten Jahrhunderte sagen, dass der breite Aktienmarkt langfristig steigt und wir daher nicht eine kurze Zeitspanne betrachten dürfen.

Ich denke bei der Aktienanlage meist relativ pragmatisch. Es gibt viele Unternehmen, vorwiegend aus Nordamerika, die seit Jahrzehnten oder teils Jahrhunderten operativ tätig sind und seit dieser Zeit Dividenden an die Anteilseigner ausschütten, Quartal für Quartal. Darunter sind klassische Banken, Versorger, Pharmafirmen, Konsumgüterhersteller, Eisenbahngesellschaften oder heutige Mischkonzerne, die im Laufe der Zeit andere Unternehmen aufkauften und daher immer grösser wurden. Die Geschäftsmodelle sind etabliert, das Wachstum ist gemächlich und die Erträge sind einigermassen prognostizierbar. Viele von diesen Unternehmen weisen eine aktuelle Dividendenrendite von 2 bis 3 Prozent auf. Daher überlege ich immer Folgendes: Wenn diese Firma es geschafft hat in den letzten 200 Jahren eine Dividende zu zahlen, egal in welcher wirtschaftlichen Gesamtsituation, warum sollte sich das in nächster Zeit ändern?

Es ist meines Erachtens besser sein Geld beispielsweise in diese sogenannten „Dividenden-Aristokraten“ zu investieren als seine Spargroschen bei der Bank liegenzulassen, die mit einem möglicherweise fälligen Strafzins (neudeutsch: Verwahrentgelt) von 0.5% belegt werden. Da schmilzt das Vermögen wie Eis in der prallen Sonne. Je länger wir mit einem Aktienkauf warten, desto mehr Dividendenzahlungen verpassen wir. Sicherlich sind heute viele Unternehmen an der Börse sportlich bewertet und es steckt in den Kursen viel Phantasie. Dennoch sind immer wieder attraktive Firmen am Markt vorhanden und erlaubt es uns kontinuierlich in diese zu investieren. Das gilt zumindest für eher risikofreudige Anleger.

Natürlich gibt es auch weniger risikofreudige Anleger, die lieber auf eine Marktkorrektur warten. Nach einem Einbruch von 50 Prozent erhält man für den gleichen Betrag doppelt so viele Anteile am Unternehmen und eine wesentlich höhere Dividende, sofern diese nicht kurzfristig gestrichen wird. Das klingt verlockend. Leider besteht die Gefahr, dass auf eine derartige Korrektur möglicherweise lange gewartet werden muss. Im Frühjahr 2020 erlebten wir einen heftigen Absturz der weltweiten Märkte und einen, nachträglich betrachtet, optimalen Einstiegszeitpunkt. Es ist aber fraglich, ob der weniger risikofreudige Anleger tatsächlich aktiv geworden wäre, um sein gesamtes Vermögen in diesem Tief zu investieren.

Bei beiden Anlegertypen geht es letztlich um einen Geldbetrag, der für langfristige Investitionen genutzt wird. Sollte in absehbarer Zeit, also in den nächsten 12 bis 36 Monaten, eine größere Anschaffung anstehen, wie beispielsweise ein Hauskauf oder ein neues Auto, dann ist das Geld lieber festverzinslich zu halten. Wenn ungünstigerweise Konsumentenkredite vorhanden sind, sollten diese besser erstmal vollständig abbezahlt werden, bevor in Aktien investiert wird. Vielleicht lohnt es sich auch die Hypothek zurückzuzahlen, um komplett schuldenfrei zu sein.

Würde ich plötzlich selber über einen höheren Geldbetrag verfügen, so würde ich diesen vollständig über mehrere Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und Regionen verteilen. Wäre ich etwas weniger risikofreudig, würde ich zwar genauso vorgehen, allerdings über einen Zeitablauf von beispielsweise 12 Monaten. Statt Einzelwerte können auch sogenannte ETF (Exchange Traded Funds) erworben werden, die eine noch breitere Streuung ermöglichen. Mit einem ETF auf den S&P 500 in Amerika oder den MDAX in Deutschland kann langfristig nicht viel falsch gemacht werden.

Das Ergebnis unseres Handelns, also einer Einmalanlage oder einiger Teilkäufe, lässt sich erst nach langer Zeit sehen. Wir können nicht in die Zukunft blicken, aber nach 10 Jahren sind wir froh damals diese „wagemutige“ Entscheidung getroffen zu haben. Ich habe im Laufe der Zeit lernen müssen, dass das Warten auf den optimalen Zeitpunkt sinnlos ist. Daher empfehle ich nicht weiter zu zögern, sondern anzufangen sich an erfolgreichen Unternehmen (schrittweise) zu beteiligen und sich mit Dividenden das Warten bezahlen zu lassen.

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