Was wir von einem anderen Land lernen können

Die europäischen Bürger laufen sehenden Auges in die Altersarmut. Den Regierungen und Notenbanken sei Dank. Ein Land im hohen Norden geht einen anderen Weg für seine Bürger.

„Die Rente ist sicher“ tönte einst der deutsche Arbeitsminister Norbert Blüm im politischen Wahlkampf 1986 (eigentlich: „Denn eins ist sicher: die Rente“). Das ist lange her. Und wir alle wissen mittlerweile, dass sich die Zeiten geändert haben. Auf die staatliche Rente ist nicht mehr Verlass, zumindest nicht auf die Höhe der zu erwartende monatliche Zahlung. Unsere Kaufkraft schwindet mit jedem Tag.

Banken und Versicherungen stehen seit der Finanzkrise 2009 und den danach eingeführten negativen Zinsen vor grossen Umbrüchen. Sparkassen kündigen reihenweise Bauspar Altverträge wegen Verlustgeschäften. Bankgebühren werden dafür im Gegenzug drastisch angehoben. Die Versicherungsgesellschaften verkaufen ihre Lebenssparten an ausländische Finanzinvestoren, wie kürzlich vier Millionen Lebensversicherungen von Generali Deutschland an den Abwickler Viridium (Quelle: Handelsblatt, 04. April 2019). Die Grundstücks- und Immobilienpreise steigen in Ballungszentren kontinuierlich. Die Mieten ebenso. Und der Fiskus schafft es die Steuerbelastung des Bürgers jedes Jahr zu erhöhen.

Bei all diesen Umständen ist an ein Sparen für den wohlverdienten Lebensabend kaum zu denken. Ich habe bereits erwähnt, dass wir uns selber mehr mit Finanzanlagen beschäftigen und die Macht des Zinseszins für uns arbeiten lassen müssen.

Trotz der vielen schlechten Nachrichten gibt es dennoch Lichtblicke. Während Europa von einer Krise in die nächste taumelt, zeigen einige Länder, dass es auch anders geht. Der norwegische Staat hat die zukünftigen Herausforderungen erkannt und versucht das Vermögen des Landes, und damit das seiner Einwohner, langfristig zu sichern und möglichst auszubauen.

Das Königreich Norwegen ist mit seinen 5.3 Millionen Einwohnern weltpolitisch unbedeutend. Es ist reich an Natur und Bodenschätzen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die meisten Einnahmen durch Öl- & Gasexporte generiert. Die anderen Bereiche wie Schifffahrt, Fischfang oder Land-/Forstwirtschaft sind im Vergleich eher zu vernachlässigen (obwohl es beachtliche Mengen sind). Jedoch hat der Staat vor Jahrzehnten erkannt, dass man sich von den Öl- & Gasexporten und den schwankenden Preisen am Weltmarkt unabhängiger machen muss. Die erzielten Einnahmen sollten in alternative Wirtschaftsbereiche fliessen und den Staat und seine Bürger auf ein finanziell solides, nachhaltiges Fundament setzen.

Seit dem Jahr 1998 investiert der norwegische Staat mit Hilfe seines staatlichen Pensionsfonds (Statens pensjonsfond) über Aktienbeteiligungen in Unternehmen weltweit. Mittlerweile ist das verwaltete Vermögen auf über 800 Milliarden Euro angewachsen (Stand Ende Dezember 2018), was rein rechnerisch für jeden Einwohner ein Vermögen von über 150.000 Euro bedeutet. Tendenz steigend.

The fund is one of the world’s largest and is broadly invested across countries, sectors and currencies. It holds shares, bonds and real estate all around the world, but invests only abroad so that the Norwegian economy does not overheat.

Norges Bank Investment Management, August 2019

Derzeit sind die Norweger an über 9.000 Unternehmen in über 70 Ländern beteiligt und damit der größte Aktionär weltweit. Es lohnt sich daher mal einen Blick in die umfangreiche Beteiligungsliste zu werfen und sich dabei klar zu machen, dass die Nordländer (quasi passiv) am Vermögenszuwachs der Welt mitverdienen. Aber nicht nur Unternehmensbeteiligungen sind im Besitz des Fonds, sondern ebenfalls viele Immobilien in besten Lagen. Wenn man zufällig in einer der aufgelisteten Städte wohnt und sich die Objekte vor Ort anschaut, ist man erstaunt. Und die Norweger kaufen immer weiter.

Weltkarte Staatsfonds Norwegen
Aktuelle Beteiligungen des Pensionsfonds von Norwegen (Quelle: Screenshot, nbim.no, August 2019)

Was können wir als Privatanleger vom norwegischen Staatsfonds lernen?

1. Beteiligung an Qualitätsunternehmen für den langfristigen Vermögensaufbau

2. Besitz von Top Immobilien an 1A Standorten

3. Streuung des Risikos durch verschiedene Länder, Sektoren und Währungen

4. Kontinuierliches Investieren

Ich kann mir selbst mit viel Optimismus nicht vorstellen, dass ein einziges europäisches Land einen ähnlichen Weg wie die Norweger mit ihrem Staatsfonds beschreiten wird. Zu gross sind die Widerstände von Parteien, Interessensgruppen und Bedenkenträgern. Daher müssen wir selber unser eigenes Schicksal in die Hand nehmen und es den Norwegern gleich machen. Dann ist eins sicher: Unsere eigene Rente.

Ergo: Stetig Aktien von Qualitätsunternehmen kaufen, alle Anteile liegen lassen, regelmässig Dividenden kassieren und das (zukünftige) Leben geniessen.

Florian

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